Kunstmuseum Düsseldorf 
im Ehrenhof


mit Akademiesammlung 
und Glasmuseum Hentrich 

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SALDO

Rinkeschüler



Saldo sculturale

23 Jahre Rinke-Klasse

Anläßlich der Ausstellung SALDO ging an alle ehemaligen und jetzigen Studenten der Klasse Rinke die Einladung, sich hier mit einem aktuellen Beitrag zu beteiligen. Die Klassenlisten von 1974 bis heute weisen über 150 Schüler aus, die zunächst in den Räumen an der Karl-Anton-Straße am Hauptbahnhof (ab 1974), später am Fürstenwall 228 und im Raum 013 im Akademiehauptgebäude (ab 1985), schließlich bis heute in den beiden Klassenräumen 011 und 013 am Eiskellerberg (ab 1990) tätig waren. Nur wenige Absagen gingen uns zu. Manchmal hatten sich allerdings alle Spuren verloren. Insgesamt erreichten uns circa 120 Zusagen.

Diese äußeren Rahmenbedingungen sind die statistische Seite von SALDO. Der künstlerische Ertrag ist dagegen buchhalterisch kaum festzuhalten. Die Rinke-Klasse war seit ihrem Bestehen ein Motor an der Düsseldorfer Kunstakademie und weit darüber hinaus. Seit Mitte der 60er Jahre hatte Klaus Rinke mit seinen Lot- und Wasserarbeiten, seinen Body-Performances der Kunstszene lebendigste Impulse gegeben. Die Energie im Werk hat sich dann schnell auch auf das Bild und das Wirken der Klasse übertragen. Ein intensiver Arbeits- und Lernzusammenhang stellte sich mit allen möglichen Höhen und Tiefen her. Viele der ehemaligen Studenten sind inzwischen selbst zum Lehrer geworden, tragen auf je andere Weise das Feuer weiter. Es gibt aber auch ganz anders geartete Berufswege: Rinke-Studenten wurden Galerist, Kunsthallendirektor, Architekt, Graphik-Designer, Verleger, Goldschmied, Computer-Fachmann ... Insofern ist dieser Saldo auch eine interessante kunstsoziologische Fallstudie.

Besonders die raumbezogene Kunst fand und findet in der Klasse Rinke vielseitige Entfaltung. Raumbezogen heißt dabei im weitesten Sinne immer auch gesellschaftsbezogen. Das Kollektiv der Individualisten, als das die Rinke-Klasse auftritt und auftrat, hat immer wieder elementare Fragen in der Kunst und jenseits der Kunst diskutiert. Dies führte auch zu zahlreichen über die Akademie hinausreichenden Aktivitäten. Die Klasse war in ihren produktiven Phasen stets ein unbequemer Unruheherd.

Dies führt dazu, daß auch ein Ausstellungsprojekt wie dieses hier nicht ohne Für und Wider, Ablehnung und Zuspruch in die Wege geleitet werden konnte. Ein ähnlich breit angelegtes Projekt einer Klassen-Ausstellung unternahm 1977 der Frankfurter Kunstverein: Ebenfalls rund 120 Künstler beteiligten sich damals an dem Projekt für-neben-gegen, zu dem alle Beuys-Schüler eingeladen waren. Viele Künstler versuchten damals die Ausstellung wegen mangelnder Begrifflichkeit zu konterkarieren. Erst als 'work in progress', bei dem die Geschichte der Klasse nach und nach aufgearbeitet wurde, wurde die Veranstaltung schließlich akzeptiert. Auch SALDO war von Anfang an kritischen Einwänden ausgesetzt und zeichnet sich durch offenen Werkstattcharakter aus. Ließ man sich hier für ein bestimmtes Geschichtsbild oder für die Person des ehemaligen Lehrers instrumentalisieren? Schon immer waren die Klassenversammlungen lebhaft und kontrovers gewesen - so auch dieses Mal. Mehrfach trafen sich Künstler verschiedenster Klassengenerationen. Ausschlaggebend dafür, daß das Unternehmen weitgehend Zustimmung und Akzeptanz fand, war schließlich das Engagement der heutigen Klasse Rinke, die, angesichts der zunehmend sich umgestaltenden Akademie, eines rapide sich verändernden kulturellen Umfeldes, die Ausstellung und ihre Katalogdokumentation für die eigene Identitätsfindung und Positionsbestimmung besonders wichtig fand. Die gesamte heutige Klasse Rinke war so mehr oder weniger am Ausstellungsunternehmen beteiligt, hat bestimmte Aufgaben bei der Vorbereitung und Realisierung der Ausstellung übernommen..

So wurde von Museumsseite auch schließlich davon abgesehen, das Projekt mit einer weitergefaßten Fragestellung in die Reihe der vorausgegangenen 'Brennpunkt'-Ausstellungen einzubeziehen. Brennpunkt 1 und Brennpunkt 2 waren dem 'allgemeinen Aufbruch' im Akademieumfeld der 60er Jahre, bzw. - zum 70. Geburtstag von Joseph Beuys - den künstlerischen Entwürfen der 70er Jahre gewidmet. Es hätte nahegelegen, SALDO als eine Feldstudie der Kunst der 80er Jahre zu präsentieren. Davon wurde aber bald abgesehen, die Klassenentwicklung selbst wurde und blieb einziges Thema der Ausstellung. Die Kontinuität mit der vorausgegangenen Museumsarbeit ist übrigens trotzdem gegeben: Bei den Ausstellungsreihen Treibhaus waren Absolventen der Rinke-Klasse stets hervorragend präsent. Klaus Rinke selbst wurde von uns 1981 - in Zusammenarbeit mit der Staatsgalerie Stuttgart - als 'Handzeichner' vorgestellt. In Studio-Ausstellungen präsentierten wir Werk-Ausschnitte von Johannes Lenhart und Sandro Antal. Die große Retrospektive des Werks von Klaus Rinke Retro-Aktiv fand 1992 in der Düsseldorfer Kunsthalle statt. Ulla Eisenbach hatte damals die Katalogredaktion in den Händen und erstellte das Werkverzeichnis, Claudia Ott war für die Kataloggestaltung verantwortlich. Beide haben auch im Falle von SALDO tragende Aufgaben übernommen. Ulla Eisenbach hat die Chronologie der Klasse Rinke rekonstruiert und das umfangreiche Archivmaterial, Ausgangspunkt für den Katalog, gesammelt und geordnet. Dabei wurden uns von vielen ehemaligen Studenten, und vor allem von Klaus Rinke selbst, reiches historisches Material zur Verfügung gestellt. Claudia Ott hat diesem Material das lebendige typographische Gesicht gegeben. Das Sekretariat von Ausstellung und Katalog lag in den engagierten Händen von Katharina Oesterreicher.

Dankbar sind wir den Sponsoren, ohne die bei der chronischen Knappheit der städtischen Mittel Ausstellung und Katalog überhaupt nicht zu realisieren gewesen wären: Das Ministerium für Stadtentwicklung, Sport und Kultur des Landes NRW hat einen namhaften Betrag zur Verfügung gestellt. Großzügig gefördert wurde unser Unternehmen durch die Stadtsparkasse Düsseldorf und die Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW. Auch der Victoria Versicherung ist für Förderung zu danken.

Die Ausstellung SALDO war ursprünglich als Abschlußveranstaltung für den Kunstpalast im Ehrenhof gedacht. Dieses Gebäude aus dem Jahre 1902, einzigartig durch seine hohen und weiten Ausstellungshallen, wird aller Voraussicht nach einem von Oswald-Matthias Ungers entworfenen Neubau weichen. Der Baubeginn hat sich allerdings noch einmal um voraussichtlich ein Jahr verschoben. So ist diese Ausstellung nicht nur Rückblick und Saldo, sie ist, was die bewegte Geschichte des Ausstellungsgebäudes betrifft, auch Abschied.

Stephan von Wiese

 
 
 
 
 
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